Leben und arbeiten auf der Finca – wir geben hier einige Erfahrungen weiter, die wir im Laufe der Jahre gemacht haben, die aber Ausnahmen sein oder sich an einem anderen Ort ganz anders darstellen können.
Finca
Der Begriff „Finca“ bedeutet soviel wie landwirtschaftliche Fläche. Eine Finca con casa ist eine landwirtschaftliche Fläche mit einem kleinen Gerätehaus, Stallung oder Wohnhaus. Fincas in Küstennähe sind eher klein (natürlich gibt es auch sehr große Bananenfincas in Küstennähe), die weiter oben sind, sind eher etwas größer und im Kaufpreis auch günstiger. Je zentraler Fincas gelegen sind, umso höher sind sie in der Regel im Preis. Fincas ganz weit draußen oder weit oben sind eher günstig.
Vorsicht bei Fincas in Höhenlagen ab 700 Meter. Hier kann die Temperatur nicht nur im Winter, sondern auch nachts oder bei bewölktem Himmel unangenehm niedrig sein.
Leben und arbeiten auf der Finca
Eine Finca hat in den Augen vieler etwas mit Freiheit, Unabhängigkeit, Individualismus, Natur und gesunden Lebensmitteln zu tun. Alles richtig. Aber eine Finca macht auch Arbeit, egal ob sie gewerblich, landwirtschaftlich, als Obstgarten oder nur als privater Garten genutzt wird. Es beginnt bei der Bewässerung, geht über die Blumen-, Gemüse- oder Baumpflege und endet auch irgendwann bei der Ernte und Verwertung der Ernteerträge. Eine Finca, die nicht laufend gepflegt wird, verwildert, zieht Ratten an und wird dann ganz schnell keine Freude mehr bereiten. Wer nicht gerne arbeitet, bastelt und gärtnert, ist mit einer Finca falsch beraten.
Wasser
Je nachdem, was man auf oder aus einer Finca machen möchte, ist neben der Eigentumssituation die Wassersituation ein ganz wesentliches Kriterium. Auch im eher klimatisch feuchteren Norden gibt es zwischen Mai und November mehrere Monate hintereinander, an denen kein Tropfen Regen fällt. Das bedeutet, dass Nutz- und Zierpflanzen bewässert werden müssen, was je nach Wasserbezugsquelle spürbar ins Geld gehen kann. Im ungünstigen Fall kann das mehrere hundert Euro im Monat betragen.
Besonders wer sich im heißen Süden verwirklichen möchte, sollte sich der Tatsache bewusst sein, dass er häufig und viel bewässern muss. Je näher man sich an der Meereslinie befindet, umso höher ist die Temperatur. Gerade im Süden kann der Boden oft so steinhart werden, dass er über längere Zeit keine Feuchtigkeit aufnimmt, obwohl es auch da irgendwann einmal regnet. Die Folge ist, dass Pflanzen verbrennen und bei Regen heftige Sturzbäche entstehen können, die sogar in der Lage sind, ganze Straßen wegzureißen. Es ist also gerade im Süden notwendig häufig und auch viel zu bewässern. Und genau an dieser Ecke ist zu prüfen, welchen Status die Finca hat, ob sie berechtigt ist, günstiges Fincawasser zu beziehen. Ohne dieses günstige Fincawasser kann eine Bewässerung richtig teuer werden oder auch gar nicht möglich sein
Temperatur
Die Temperaturen auf Teneriffa oder den Kanaren schwanken nicht so stark wie in Deutschland, wo sich die Bandbreite zwischen -25 Grad bis +35 Grad bewegt. Die Bandbreite auf den Kanaren liegt im Bereich von +10 bis +40 Grad. Über der Baumgrenze liegt im Winter auch Schnee bei deutlichen Minusgraden. Eine Faustregel gilt für die gesamte Insel, die besagt, dass die Temperatur pro 100 Höhenmeter um knapp 1 Grad abnimmt. Wer also in Puerto de la Cruz z.B. bei 28 Grad am Strand schwitzt, wird in 500 Meter Höhe angenehme 23 bis 24 Grad vorfinden.
Wer im Süden der Insel am Airport bei 35 Grad aus dem Flugzeug aussteigt, wird bei einer Fahrt nach Puerto de la Cruz dort eher 28 Grad vorfinden. Bei der Fahrt auf eine Höhe von 500 Meter sinkt die Temperatur auf rund 23 Grad.
Eine Ausnahme dieser Faustregeln stellt der „Calima“ dar, der Begriff für den heißen Wind aus der Sahara. Bei Calima sind die Höhenlagen deutlich heißer als die Lagen weiter unten. Bei Calima kann die Temperatur durchaus in einigen Regionen auf 800 Meter Höhe bis auf 45 Grad ansteigen. Und schlicht einfach die Vegetation oder Ernte innerhalb weniger Stunden in verbrennen lassen. Der Calima ist ein Wetterphänomen, das alle paar Wochen mehr oder weniger stark auftritt.
Wind
Die Kanaren liegen bekanntlicherweise mitten im Meer und dort herrscht nahezu immer ein leichter Wind. Einige Ecken von Teneriffa sind stärker betroffen, einige eher wenig oder kaum. Der Medanostrand im Süden gilt als Surferparadies, was bedeutet, dass dort oder eigentlich im ganzen Süden der Wind stärker bläst als im Norden (Autos aus dem Süden haben oft einen leichten Sandstrahleffekt auf dem Lack zu sehen). Im Norden ist das Tal von La Orotava durch die umliegenden Berge sehr windgeschützt, 20 Km der Uferlinie entlang kann es dagegen bei mäßigen Wind im Tal schon richtig pfeifen.
Bild: 2014 vor einem herzhaften Sturm
Das Leben auf einer Finca ist nicht immer ruhig
Eine Finca ist eine Landwirtschaft, auf der auch Tiere leben und mit Maschinen gearbeitet wird. Das bedeutet, dass schon weit vor dem Sonnenaufgang um 4 Uhr ein Hahn krähen kann, Hunde bellen, ein Esel schreit oder frühmorgens solange die Luft noch kühl ist, mit Motorsense oder Ackergeräten gearbeitet wird. Wer sich für ein Leben auf der Finca entscheidet, sollte mit all diesen Geräuschen vertraut sein und sie wohlwollend akzeptieren.
Auf fast jeder bewohnten Finca wohnt auch ein oder mehrere Hunde. Nähert sich eine Person oder ein Fremder einer Finca, geht oft eine Alarmkette von allen umliegenden Fincas los. Auch dieses sollte man zu jeder Tages- und Nachtzeit wohlwollend akzeptieren.
Leben und arbeiten auf einer Finca: Sauberkeit
Eine Wohnung oder Haus auf den Kanaren läßt sich nicht mit einem deutschen Haushalt vergleichen. Bereits kurz nach dem Staub wischen findet man schon wieder eine feine Staubschicht, insbesondere wenn die Calima Sand aus der Sahara mitbringt. Das gilt für Stadtwohnungen genauso wie in ländlichen Wohngebieten. Auf einer Finca mit umliegenden bewirtschafteten Bodenflächen vervielfacht sich dieser Effekt. Versteckte Ecken, die man über einen Zeitraum von 4 Wochen nicht bei der Reinigung erreicht hat, sehen aus wie jahrelang ungeputzt. Wer mit einem ausgeprägten Sauberkeitsfimmel auf eine Finca zieht, wird verzweifeln.
Bild: Leben und arbeiten auf der Finca – Hunde gehören auf jeden Bauernhof
Selbstversorgung auf der Finca
Eine eigene Finca kommt immer dann ins Gespräch, wenn es um das Thema Selbstversorgung, gesunde Ernährung und Unabhängigkeit geht. Gerade Gartenanfänger unterschätzen aber oft die Arbeit, die mit einer Selbstversorgung auf Teneriffa zusammenhängt.
Das Thema Selbstversorgung ist dabei sehr dehnbar. Manche meinen damit einen Salatkopf und einige Kräuter, die man ernten kann. Andere definieren damit die gesamte Ernährung, die dann auf dem eigenen Land produziert wird. Incl. Tierhaltung und auch Hausschlachtung.
Sicher ist jedoch, dass die Selbstversorgung viel Arbeit, aber auch einen gesunden Lebensstil bedeutet. Leben und Arbeiten auf der Finca: Die Arbeit an der frischen Luft, Sonne und mentale Entspannung, verbunden mit gesundem, unbelasteten Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten sind eine gute Ausgangsbasis. Es ist allerdings ein Trugschluss zu glauben, dass man mit dem Eigenanbau von Obst und Gemüse seine Lebenshaltungskosten auf Teneriffa deutlich senken kann.
Heizung
Der Klimawandel macht auch vor den Kanaren nicht halt. Deswegen wird das Thema Heizung auf Teneriffa immer wichtiger. Im Süden der Insel in der Uferlinie ist dieses kein Thema, dort sollte man eher über eine Klimaanlage nachdenken. Wer aber in höheren Lagen oder im Norden wohnen möchte, wird feststellen, dass es ab Spätherbst abends frisch wird. Die feuchte Luft im Zusammenhang mit nächtlichen Temperaturen um die 5-10 Grad lassen ganz schnell den Wunsch nach einer Heizung aufkommen. Dafür gibt es viele geeignete und ungeeignete Lösungen.
Gerade bei einer Finca ist ein Holzofen oft eine solide und günstige Lösung mit hohem Wohlfühlbonus. Wir lieben die Abende im Winter (Januar/ Februar/ März) vor dem prasselndem Kamin bei lecker Wein, selbstgebackenem Brot und Käse.
Komfort auf einer Finca
Der Begriff Komfort ist sehr dehnbar. Komfort kann das Auto in der Tiefgarage sein, der Lift in den 3. Stock einer Apartmentanlage und der Abend auf dem 15 qm Balkon mit Blick auf den Gemeinschaftspool.
Komfort auf einer Finca kann bedeuten eine Scholle Land zu besitzen, diese zu gestalten und inmitten der Natur zu leben. Die Regeln des menschlichen Miteinander abzuwerfen, insofern die Nachbarn weit genug entfernt sind. Es ist ein Hochgenuss, mit den Hunden über die Finca zu schlendern, frisches Obst zu pflücken, den freilaufenden Hühnern zuzusehen und jeden Tag neue Kreationen aus frischer Minze, Thymian, Olivenblättern, Zitronengras etc. für den Frühstückstee zu kreieren.
Es ist die Freiheit, am Sonntag mit Flex und Schweißgerät an Skulpturen zu arbeiten.
Arbeiten auf der Finca und Geld verdienen auf Teneriffa
Die Anschaffung einer Finca verschlingt schnell mehrere hundertausend Euro und auch eine Million ist für eine größere Finca keine Utopie. Wer dieses nicht mitbringt, wird sich schwer tun, es auf Teneriffa zu verdienen um eine Finca zu kaufen. Wer es aber für den Kauf mitbringt, hat verschiedene Optionen, dann seinen Lebensunterhalt auf oder mit der Finca zu verdienen.
Von den Erträgen aus dem Verkauf von Obst und Gemüse zu leben, ist ein hartes Brot. Es bedarf eines kargen Lebensstils oder von richtig großen Anbauflächen, die aber entsprechende Investitionen voraussetzen. Es bedarf also ganz spezieller Produkte oder Verarbeitungsmethoden, um sich vom durchschnittlichen Angebot abzuheben. Und entsprechende Erträge zu erwirtschaften. Wer sich nicht selbst mit seinen Produkten auf den Markt stellen möchte, findet fast überall Cooperativas. Diese kaufen Obst und Gemüse auf, zahlen aber meist nur geringe Preise.
Eine beliebte Möglichkeit den Lebensunterhalt mit einer Finca zu erwirtschaften, ist die Vermietung von Apartments oder Gästezimmern. Hier gibt es jedoch gesetzliche Einschränkungen.
Leben und arbeiten auf der Finca: Alt werden
Wir werden alle älter und das ist auch gut so. Gerade jüngere Menschen vergessen das oft und suchen sich Immobilien/ Fincas ganz weit draußen oder ganz weit oben. Aber auch diese jungen Menschen werden alt und müssen dann oft eine Tagesreise mit dem Bus für einen 1/2 stündigen Arztbesuch in Kauf nehmen. Oder kommen bei schlechtem Wetter nur noch über langen Fußmarsch über Stock und Stein oder auch gar nicht mehr weg.
Eine Finca sollte so liegen, dass sie auch ohne Auto mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen (oder im fußläufigen Bereich zu öffentlichen Verkehrsmitteln) ist. Und sollte so beschaffen sein, dass sie vorübergehend oder auch noch im Alter ggf. alleine bewirtschaftet werden kann. Nur dann macht sie über lange Zeit wirklich Spaß.